Im Journal of Medicine (2014; 371: 1295-1303 und 1304-1315) werden zwei Studien veröffentlicht, die sich der Vermeidbarkeit von Zöliakie widmen. Versucht wurde das mit der gezielten Gabe von Gluten in den ersten Lebensmonaten. Außerdem wurde der Einfluss des Stillens untersucht. Ergebnis: Beide Maßnahmen hatten auf die Autoimmunkrankheit Zöliakie keinen Einfluss. Doch die Forscher geben nicht auf. Das meldet die Seite aerzteblatt.de.
Wie entsteht Zöliakie?
Die Autoimmunerkrankung Zöliakie wurde früher auch Sprue genannt. Bei der Erkrankung werden Autoantikörper gebildet, sobald der Betroffene Gluten aufnimmt. Das Klebereiweiß Gluten ist in vielen Getreidesorten enthalten. Das Gluten führt im Darm der Erkrankten zu einer Zottenatrophie im Dünndarm. Das heißt, die Darmzotten werden zerstört. Wird Gluten gemieden, kann sich der Darm erholen.
Zöliakie ist die einzige Autoimmunerkrankung, deren Auslöser – Gluten – bekannt ist.
Hat das Stillen Einfluss?
In den Jahren 1984 bis 1996 nahmen in Schweden die Fälle von Zöliakie-Erkrankungen bei Kindern unter zwei Jahren rapide zu. Als Ursache sah man die veränderten Empfehlungen für Mütter an: Sie sollten Getreide erst zufüttern, sobald das Kind sechs Monate alt war. Diese Empfehlung wurde 1996 wieder zurückgenommen.
Die Erfahrungen in dem Zeitraum inspirierten Forscher zu zwei randomisierten Studien. Sie wollten prüfen, inwieweit das Auftreten der Zöliakie beeinflussbar ist.
Studien prüfen Desensibilisierung
Die erste Studie war die Prevent Coeliac Disease oder PreventCD-Studie, in der 475 Säuglinge untersucht wurden.
Die Babys erhielten zwischen der 16. und der 24. Lebenswoche täglich 100 mg Gluten. Die Vergleichsgruppe erhielt ein Placebo. Allen Müttern wurde das Stillen empfohlen.
In der zweiten Studie – Risk of Celiac Disease and Age at Gluten Introduction oder CELIPREV-Studie – wurden 832 Kinder untersucht. Sie erhielten erst mit sechs oder zwölf Monaten glutenhaltige Nahrungsmittel.
Die genetische Disposition zählt
Die Kinder beider Studien hatten mindestens einen Verwandten ersten Grades mit Zöliakie.
Die erbliche Prädisposition ist die Folge einer Verbindung bestimmter HLA-Merkmale (DQ2 oder DQ8). Sie tritt bei Zöliakie häufig auf.
Beide Versuchsgruppen kamen zu dem Ergebnis, dass der Zeitpunkt der ersten Glutenaufnahme den Ausbruch der Erkrankung im Alter von drei bis fünf Jahren nicht beeinflusst. Auch die Zeitdauer des Stillens blieb ohne Einfluss. Als Risikofaktor wurde lediglich der HLA-Genotyp festgestellt. Er beeinflusst das Immunsystem.
Die Schlussfolgerung aus den Studien
Waren die Forscher auf dem falschen Weg? Nicht unbedingt. Zum Beispiel könnte die Menge des verabreichten Glutens eine Rolle spielen. Möglich ist auch, dass die Art des Glutens einen Einfluss hatte. Heute wird in Lebensmitteln oft ein gereinigtes Glutenpulver eingesetzt. „Vital wheat gluten“ wird vor dem Einsatz von anderen Eiweißen gereinigt.
Während der Zeitpunkt der Glutengabe keinen Einfluss hatte, könnte aber die Besiedlung des Darms mit Mikroorganismen eine Rolle spielen. Die neue Studie Celiac Disease Genomic Environmental Microbiome and Metabolomic Study (CDGEMM) geht dieser Frage nach.
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